Bad Salziger #Reede 2.0 überdimensioniert und an den Bedürfnissen der Binnenschiffer vorbei

In der vergangenen Woche konnten die Initiatoren der #gegenReede2.0 mit dem Präsidenten der IG Schiffsführer Basel, Thomas Schweizer, ein sehr informatives und interessantes Gespräch während eines Ortstermins am Bad Salziger Rheinufer führen.

Thomas Schweizer ist Schiffsführer-Ablöser für alle Typen von Binnenschiffen und hat langjährige Erfahrung im Wasserbau. Er kennt die Bedürfnisse seines Berufsstandes. Die Rheinstrecke zwischen Basel und Rotterdam ist quasi sein Zuhause. Im Ehrenamt ist Schweizer Präsident der Interessengemeinschaft Schiffsführer Basel, die sich einsetzt für den Schutz und die Förderung des Schiffsverkehrs. Schließlich wurde Schweizer aufmerksam auf die #gegenReede2.0.

„Da gibt es eine Initiative #gegen Reede und ich habe mir gedacht, da muss ich mal hin“, ging Schweizer mit einem Augenzwinkern auf die Initiatoren zu. Alfred Fuchs hob in seiner Erwiderung heraus, dass im Namen noch ein „2.0“ geführt werde. „Die bestehende Reede ist nicht unser Problem. Wir können uns aber mit dem Ausbauvorhaben der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung nicht anfreunden. Da müssen bessere Lösungen gefunden werden, da ist noch viel Luft nach oben,“

Mit Erleichterung konnten die Initiatoren berichten, dass die Verbauung des Bad Salziger Rheinufers mit 47 Dalben und 15 Landgangstegen, Müllcontainern und Landstromkästen vom Tisch zu sein scheint. Die industriehafenähnliche Anlage werde in den nun von der WSV vorgestellten Vorplanungen in zwei Bereiche aufgeteilt.

Vorgesehen sind rheinaufwärts 21 Dalben und 8 Landgangstege beginnend etwa 150 m nach der SEBAPHARMA Richtung Hirzenach (Stromkilometer 564,0-564,75). Die Dalben dort sollen das Straßenniveau um etwa 1,80 m überragen. Rheinabwärts Richtung Boppard beginnend etwa in Höhe der Pumpstation sollen 23 Dalben und 8 Landgangstege gegenüber der Wohnbebauung Kamp-Bornhofen errichtet werden (Stromkilometer 566,9-567,5). Im Ergebnis sind das 3 Dalben weniger und 1 Landgangsteg mehr, als im ersten Planungsentwurf vom März 2021. Zu der Anzahl von Müllcontainern und Landstromkästen gibt es keine aktuellen Erkenntnisse.

Thomas Schweizer machte deutlich, dass die Anlage überdimensioniert sei, „das geht am wirklichen Bedarf der Binnenschifffahrt vorbei“. Es wäre absolut ausreichend, wenn für jeweils drei Schiffslängen oberhalb und unterhalb des Ortes Anlegemöglichkeiten via Pontons geschaffen würden. Modern und in der Praxis bestens bewährt! Für jeden Ponton brauche es 3 Dalben, die je nach Wasserstand höhenverstellbar ausgebaut werden könnten, erreichbar über eine Rampe vom Fahrradweg aus. Kein Überragen des Straßenniveaus, die Dalben bei dieser Bauweise würden weit unter Straßenniveau enden. Ausschließlich zur Nutzung durch die Schifffahrt abgesicherte Landstromversorgung und Müllcontainer kämen hinzu. Die gesamte Anlage wäre deutlich reduziert und mit einer so ausgebauten Reede wäre vor allem auch der Schifffahrt gedient.

Die jetzt von der WSV vorgesehene Ausbauvariante habe viele Nachteile. Ein Anlegen an die Einzel-Dalben führe oftmals zu Kollisionsschäden an den Schiffen. Schlamm- und Schlickablagerungen machten die Landgangstege unansehnlich, außerdem würden sich die Landgangstege zu „Treibgutfängern“ entwickeln. Im Übrigen könnten sich Landgangstege nicht dem jeweiligen Wasserstand anpassen, seien also ungeeignet.

Schließlich plane die WSV, die Gefahrgutreede außerhalb des Ortes nach Oberstrom zu verlegen. Thomas Schweizer erklärte hierzu, dass die Gefahrgutliegestelle bis jetzt unterhalb des Ortes liege, und sich unterhalb der Gefahrgutliegestelle auch keine Schiffe und Häuser mehr bis zur Ortslage Boppard befänden. Am neu geplanten Standort wären dann auch die Distanzen zu möglichen Zündquellen im Fall von auslaufender oder brennender Ladung im Rahmen einer Havarie und das an Bord kommen von Rettungskräften zu prüfen. Eine Anlegestelle nur mit Dalben und einzelnen Landstegen ohne Feuerwehrzufahrt und Standplatz für Rettungsfahrzeuge wäre sicher noch genauer zu prüfen.

Nach Aussage der WSV sollen die Dalben in den Rheingrund gerammt werden. Rammen kann teilweise starke Schwingungen und Vibrationen im Boden verursachen, wozu es nach der Meinung vom erfahrenen Wasserbauer und Schiffsführer Thomas Schweizer sicher auch noch genauerer Abklärungen und eventuell Rammversuche geben müsse. Schonender, sicher bei felsigem Untergrund, ist laut Thomas Schweizer das Bohren der Pfahllöcher mit einem Drehbohrgerät (ca. 1500 mm Durchmesser) und anschließendem Einsetzen und eventuellem Betonieren der Großpfähle.

Vor Beginn der Arbeiten rät Thomas Schweizer allen Gebäude- und Anlagenbesitzer eine Bestandsaufnahme der Bausubstanz, um eventuelle Risse oder Absenkungen später dokumentieren zu können. Nur so sind Schäden durch unsachgemäße Bedienung der Rammgeräte auch nachvollziehbar. „Solchen Fragestellungen müsste die WSV in einem Planfeststellungsverfahren nachgehen“, stellt Jürgen Schneider fest und führt weiter aus: „Ich halte auch für die Umsetzung der jetzigen Vorplanung ein Planfeststellungsverfahren für unbedingt erforderlich.“

„Zu diesen Punkten werden wir die Vertreter der WSV befragen müssen“, kündigte Alfred Fuchs an. Thomas Schweizer sicherte seine Unterstützung zu. „Auch ich werde mit der WSV Kontakt aufnehmen, denn wir wollen für die Schifffahrt eine vernünftige und passende Lösung“.